MieterstromGesetz – stoppt sich selbst!

Mieterstromgesetz: Förderung lt. Referentenentwurf geht rasend schnell gegen NULL – Mieterstromgesetz läuft ca. Ende 2020 aus

Hier ein kleiner, aber wichtiger Nachtrag für die Diskussion des Mieterstromgesetzes (Basis: Referentenentwurf vom 17.3.2017).
Den ersten Artikel zu dem Thema finden Sie hier: MieterstromGesetz verhindert Mieterstromprojekte

Aufgrund der Formulierung in §23b Abs. (1) geht die Mieterstromförderung überproportional schnell gegen NULL. Falls das (völlig unzureichende) Zubauziel der Bundesregierung wieder erreicht werden sollte und der Zubau die 2.500 MWp pro Jahr erreicht läuft lt. Gesetzesentwurf die Mieterstromförderung automatisch ca. Ende 2019 aus!

Dies will ich nachfolgend erläutern:

Im Gesetzesentwurf ist nicht explizit beschrieben, wie die mathematische Berechnung der Mieterstromförderung abläuft. Entscheidend sind die

  • §48 (2) „Anzulegender Wert für PV-Anlagen an einem Gebäude“, sowie
  • §49 „Absenkung der anzulegenden Werte“
  • §53 „Verringerung der Einspeisevergütung“ und
  • §23b (NEU) „Bestimmung des Mieterstromzuschlags“

Wo werden welche Berechnungskomponenten definiert:

  • In §48 wird der Ausgangswert definiert (z. B. bis 10 kWp: 12,70 Ct/kWh).
  • Im Paragraph §49 wird die Degression definiert, dies ist mathematisch eine Multiplikation mit dem Faktor (1 – Degression).
  • Die Paragraphen §53 und §23b sind Subtraktionen.

Für die Berechnung ist wichtig, in welcher Reihenfolge die Rechenoperationen durchgeführt werden! Die erschließt sich aus dem Gesetzestext nicht ohne weiteres. Es gibt aber bislang mit §53 schon ein Vorbild für das Rechenverfahren, das mutmaßlich auch für §23b anzuwenden ist.

Für die Anwendung des §53 findet man bei der Bundesnetzagentur die Tabelle der Degression bzw. Vergütungssätze. Aus dieser Tabelle geht eindeutig hervor, dass bei der Berechnung der „festen Einspeisevergütung“ erst auf §48 (12,70 Ct/kWh) der Paragraph §49 (x Degressionssatz) anzuwenden ist [siehe Zelle K9], dann gerundet wird [Zelle K10] und danach vom Ergebnis §53 (0,4 Ct/kWh) abzuziehen sind.

Somit lautet mathematisch formuliert der Berechnungsvorgang:

Feste Einspeisevergütung = (§48 x §49) – §53                     [bzw. mit Rundung: = Runden ( (§48 x §49); 2 ) – §53]

Bei der Berechnung der Mieterstromförderung muss aus meiner Sicht analog vorgegangen werden. Somit lautet hier die Formel

Mieterstromzuschlag = (§48 x §49) – §53 – §23b                 bzw. vereinfacht:

Mieterstromzuschlag = feste Einspeisevergütung – 8,5 Ct/kWh

Möglicherweise war dies ohnehin das Verständnis vieler, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben. Bedeutsam ist jedoch die Konsequenz, die sich aus dieser Berechnung ergibt:

Da die „feste Einspeisevergütung“ infolge der Degression laufend reduziert wird, der Abzugsbetrag nach §23b aber konstant bleibt, geht die Differenz aus beiden Werten sehr schnell gegen NULL, d. h. der im Gesetz vereinbarte Mieterstromzuschlag hat eine mehr als 3-fach so hohe Degression wie die Einspeisevergütung und wird ca. im Jahr 2020 automatisch auslaufen – und schon zuvor vollkommen marginal sein!

Nachfolgend eine Beispieltabelle, wie sich die Mieterstromförderung entwickeln wird.

Annahme hierbei ist, dass das (klägliche) Zubauziel der Bundesregierung von 2.500 MWp/a getroffen wird und somit je ca. 6 Monate die Degression bei -0,5% p. m. (Zubau 2.300 bis 2.500 kWp/a) liegen wird und 6 Monate bei -1,0% p. m. (Zubau über 2.500 kWp/a). Übers Jahr gesehen ergibt sich somit eine mittlere Degression von -8,5% pro Jahr.

In der Tabelle ist links die normale Festvergütung jeweils für den 1. Januar eines Jahres, sowie für den 1. Sept. 2017 (geschätzter Startzeitpunkt des Gesetzes) dargestellt. Rechts daneben die Mieterstromzulage, die durch Abzug von je 8,5 Ct/kWh als konstanter Betrag berechnet wurde. Berechnet wurde auch die prozentuale Absenkung der Mieterstromzulage, die aufgrund des Rechenwegs ein Vielfaches der prozentualen Absenkung der Festvergütung beträgt. Im Jahr 2020 beträgt die Mieterstromzulage im Schnitt weniger als 1 Ct/kWh! Bei einem typischen 30 kWp-Mieterstromprojekt und typ. 10.000 kWh Direktverbrauch durch die Bewohner beträgt die Förderung für das Objekt im Jahr rund 100 Euro. Die Mehrkosten bzw. Einnahmeminderungen, die durch das Mieterstromgesetz bewirkt werden, betragen ein Mehrfaches der Förderung (Erläuterung s. u.)

Das Gesetz müsste drastisch verändert werden, um von dem derzeitigen Mieterstrom-Verhinderungs-Gesetz zu einem Mieterstrom-Förderungs-Gesetz umgebaut zu werden. Nicht nur der Verzicht auf zusätzliche Smart-Meter-Pflichten über die bestehenden Regelungen hinaus müssten geändert werden, sondern auch die Berechnung der Förderhöhe, die wie gezeigt gleich in den ersten drei Jahren nach Inkrafttreten gegen Null geht.

Ein Gesetz in dieser Form kann nur radikal abgelehnt werden: lieber kein Gesetz, als der vorliegende Entwurf! Damit das Gesetz eine Förderwirkung entfalten kann müsste es an vielen Stellen signifikant verbessert werden. Ob dies zu schaffen ist – insbesondere in der Kürze der verbleibenden Zeit – ist fraglich. Ein schlechtes Mieterstromgesetz würde als grandioser Misserfolg der Regierung sicher deutlich wahrgenommen.

Die Umsetzung der Verordnungsermächtigung zumindest als Brückenlösung oder Alternativlösung wäre hingegen leicht realisierbar und der Gesetzgeber könnte einen Erfolg verkünden.

Nachfolgend die relevanten Stellen im Referentenentwurf:

Allein die Formulierung „aus den anzulegenden Werten nach §48 UND §49“ legt nahe, dass dieses Zwischenergebnis zuerst berechnet werden muss, bevor „von diesen anzulegenden Werten 8,5 Ct/kWh abzuziehen sind“. Die Begründung auf Seite 18 verdeutlicht dies:

Übrigens: Die Zahlenbeispiele in der Begründung des Referentenentwurfs auf Seite 19 halte ich für nicht korrekt. Meiner Meinung nach müsste es dem Wortlaut des EEG 2017 entsprechend lauten:

  •    Bis 10 kW: 12,30 Ct/kWh –> 3,80 Ct/kWh
  •     bis 40 kW:  11,96 Ct/kWh –> 3,46 Ct/kWh
  •     bis 100 kW: 10,69 Ct/kWh –> 2,19 Ct/kWh

statt im Referentenentwurf:

Abschließend möchte ich nochmals betonen, dass das Kernproblem des Mieterstromgesetzes nicht nur die ungeeignete Berechnung der Höhe des Mieterstromzuschlags ist, sondern insbesondere die (versteckten) Zusatzkosten, die in Folge von Artikel 2 (2) Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes anfallen!

Das Mieterstromgesetz fordert zusätzliche Smart Meter, die weit über die bestehenden Anfordungen aufgrund des „Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“ hinausgehen. Das Mieterstromgesetz hat insbesondere den Mangel, dass diese (versteckten) Zusatzkosten im Abschnitt E „Erfüllungsaufwand“ (Seite 2 f) und in den „Gesetzesfolgen“ (Seite 13 ff) nicht benannt werden. Dem Gesetzgeber (Bundestag) ist somit eine wesentliche Information zum Gesetz nicht bekannt!

Mit einer ganz groben ersten Abschätzung würde ich die zusätzlichen Kosten als Folge aus EnWG §20 Absatz 1d auf mindestens 25 Mio € Investitionskosten (um Elektroverteilungen Smart-Meter-fähig zu machen) und 2,5 Mio € jährliche Kosten für die zusätzlich geforderten Smart Meter als unterste Grenze kalkulieren, insgesamt also mindestens 75 Mio Euro, die im Gesetz als Folgekosten nicht erwähnt sind!

Die Kostenschätzungen halte ich für die absolut unterste Grenze. Wahrscheinlich wären die Kosten eher ein mehrfaches davon. Im Endeffekt werden jedoch die Mieterstromprojekte überhaupt nicht realisiert, da bei der überwiegenden Anzahl an Projekten die Kosten und Risiken durch das Gesetz höher sind, als die Förderung.

[Annahmen:

  • 12.500 Mieterstromanlagen lt. Referentenentwurf S. 14, 10.000 € Umbaukosten Elektroverteilungen bei 20% der Objekte = 25 Mio €
  • 5 Mieter a 40 € Mehrkosten Smartmeter für Drittversorgte in 12.500 Objekten = 2,5 Mio Euro pro Jahr.
  • In der Summe in 20 Jahren: 25 Mio € Invest + 50 Mio € lfd. Kosten = 75 Mio €]

Mit sonnigen Grüßen

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