MieterstromGesetz verhindert Mieterstromprojekte

Liebe Freunde*innen der Erneuerbaren Energien,

nach erster Durchsicht des Referentenentwurfs zum Mieterstromgesetz ist zu befürchten, dass dieses Gesetz zukünftige Mieterstromprojekte massiv be- bzw. verhindern wird! Das Gesetz erscheint als vergifteter Köder, der beim „Genuss“ zum Tod der Mieterstromprojekte wird.

Siehe hierzu Artikel 2 (Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes), Nummer 2, Satz 4:

  • Sobald der Summenzähler mit einem intelligenten Messsystem im Sinn des § 2 Nummer 7 des Messstellenbetriebsgesetzes ausgestattet ist, sind auch alle bilanzierungsrelevanten Unterzähler innerhalb der Kundenanlage spätestens ab dem Zeitpunkt des nächsten Austausches an das Smart-Meter-Gateway anzubinden.
  • Die Messwerte des Summenzählers sowie aller an das Smart-Meter-Gateway angebundener bilanzierungsrelevanter Unterzähler und Erzeugungszähler sind in 15-minütiger Auflösung zu erfassen und zu verrechnen. Für den Messstellenbetrieb aller an das Smart-Meter-Gateway angebundener Unterzähler und Erzeugungszähler ist der Messstellenbetreiber des Summenzählers zuständig.
  • Weiterhin im Kommentartext: „Im Fall des Lieferantenwechsels trägt die Kosten für die Anbindung des bilanzierungsrelevanten Unterzählers an das Smart-Meter-Gateway derjenige, der auch die Kosten in Bezug auf den Summenzähler trägt“

Das bedeutet:

  1. Summenzähler und Produktionszähler und alle Drittversorgtenzähler (!) müssen perspektivisch an‘s SmartMeterGateway.
  2. Ende der lukrativeren Jahresarbeitsverrechnung.

Es gibt zwar (kurze) Übergangsfristen bis zum nächsten Drittversorgten-Zähleraustausch. Mieterstromprojekte werden jedoch durch diese Regelung noch schwerer kalkulierbar und somit für den potentiellen Betreiber noch riskanter.

Dass alle Zähler von Drittversorgten an Smart-Meter-Gateways müssen (wohl auch unterhalb der rollout-Grenze von 6.000 kWh/a), ist bitter und kann je nach Interpretation der Frage, wer die Kosten hierfür zu tragen hat, teuer werden für den Betreiber von Mieterstromprojekten. (z.B. lfd.  Messentgelte von 23…60 EUR Mehrkosten je Zählpunkt und Jahr – je nach Jahresstromverbrauch – sowie nicht zu beziffernde Umbaukosten der Zähleranlage !!!). Für Mieterstromprojekte förderlich wäre diese Regelung nur dann, wenn klargestellt würde, dass der jeweilige Drittversorgte für die entsprechenden Kosten aufkommen müsste (er hat ja auch – zumindest theoretisch – den „Nutzen“ durch die SmartMeter).

Der Gesetzestext klingt ganz harmlos, hat aber erhebliche finanzielle Konsequenzen und Risiken für die Betreiber von Mieterstromprojekten, die ich hier kurz am Beispiel darstellen möchte:

Beispiel eines typischen Mieterstromprojekts

Wohngebäude mit 25 Haushalten, mit PV-Anlage 30 kWp (typischer Fall in München, Erfahrungswert: ca. 1 kWp pro Haushalt haben auf dem Dach Platz)

Jahresertrag 1000 kWh/kWp, „physikalische Eigenverbrauchsquote im Haus“ des PV-Stroms wäre ca. 60%.

Bislang wird dieser tatsächliche, von ALLEN Hausbewohnern physikalisch direkt im Haus verbrauchte PV-Strom der Vereinfachung halber allen Mieterstromkunden zugeschlagen. Zukünftig wird der per SmartMeter der Drittversorgten gemessene Verbrauch ausschließlich als (fiktiver) Netzbezug verrechnet und im Gegenzug dafür PV-Strom fiktiv als Überschussstrom ins Netz eingespeist. Somit sinkt durch Drittversorgte die „Eigenverbrauchsquote“ der PV-Anlage in etwa umgekehrt proportional zum Anteil der Drittversorgten.

Konkretes Zahlenbeispiel

Maximal möglicher „förderfähiger“ PV-Strombezug aller Hausbewohner: 60% x 30.000 kWh x 0,03 Ct/kWh = 540 Euro/Jahr (wird in der Praxis extrem selten erreicht).

Teil der Mieter, die Mieterstrom beziehen sei 20%: „förderfähiger“ PV-Strombezug: 20% x 540 Euro/Jahr = 108 Euro/Jahr

Erfahrungsgemäß schwankt der Anteil der Mieterstromkunden je nach Projekt sehr stark. Z. B. berichtete die Heidelberger Energiegenossenschaft bei Ihrem berühmten Projekt von einem PV-Mieterstromkundenanteil von nur 10%. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass Menschen erfahrungsgemäß nur sehr schwer motiviert werden können, ihren Stromanbieter zu wechseln. Dies trifft vor allem den Gebäudebestand! Bei Erstbezug von neuen Wohngebäuden können häufig 80-90% der Erstbezieher für den Mieterstrom gewonnen werden, da hier die Kunden ohnehin einen neuen Stromliefervertrag abschließen müssen.

Vergleich Förderung zu Mehrkosten

Dementsprechend entstehen Mehrkosten im Mieterstromprojekt durch die Pflicht zu SmartMetern bei den Drittversorgten je nach Anteil der Mieterstromkunden und geschätzten laufenden Mehrkosten in Höhe von ca. 50 Euro pro Zählpunkt für die SmartMeter-Pflicht:

bei 80% Mieterstromkunden: 25 HH x (1 – 80%) x 50 €/Jahr = 250 € Mehrkosten für SmartMeter (typ. Neubauobjekte) – Förderkosten: 80% x 540 € = 432 € > 250 €:
Mieterstrom wird mit 182 €/Jahr für das ganze Objekt gefördert.

bei 20% Mieterstromkunden: 25 HH x (1 – 20%) x 50 €/Jahr = 1.000 € Mehrkosten für SmartMeter (typ. Bestandsobjekte) – Förderkosten: 20% x 540 € =  € 108 < 1.000 €:
Mieterstrom wird durch das Mieterstromgesetz mit 892 €/Jahr für das ganze Objekt zusätzlich belastet ==> Mieterstromprojekt wird verhindert.

Hinzu kommen in Bestandsobjekten die Kosten für den Zählerplatzumbau auf SmartMeter-fähige Zählplätze , die nur schwer zu beziffern sind. Der Umbau der Zählerplätze dürfte in der Größenordnung von mindestens 10-20% der PV-Investitionskosten liegen, bei älteren Wohngebäuden auch deutlich darüber (z. B. bei vorhandenen Zählertafeln, Verlegung von Zählern aus Wohnung oder Hausflur in einen neu zu schaffenden Zählerraum mit Schrank mit APL/APZ, SmartMeterGateway etc.).

Das Gesetz läßt vollkommen offen, wer die Mehrkosten (sowohl Umbau als auch laufender Messstellenbetrieb), die durch die Pflicht für SmartMeter der DRITTVERSORGEN (also Nicht-PV-Mieterstromkunden) zu tragen hat. Diese Kosten werden wohl auf den PV-Betreiber abgewälzt.

Abschnitt „E. Erfüllungsaufwand“ des Gesetzes ist falsch dargestellt, da die wesentlichen finanziellen Konsequenzen ausgelassen wurden.

Mieterstromprojekte werden mit diesem Gesetz für den Betrieber vollkommen unkalkulierbar und somit zu einem extremen wirtschaftlichen Risiko. Bei den meisten Projekten ist davon auszugehen, dass die Kosten für die zusätzlichen Pflichten, die durch das vorliegende Mieterstromgesetz entstehen höher sind, als die „Förderung“, wie die oben dargestellten Zahlenbeispiele aufzeigen. Mit diesem Gesetz werden Mieterstromprojekte be- bzw. verhindert!

Ohnehin erscheint die Absicht des Gesetzgebers pervers, einen neuen und zusätzlichen Fördertatbestand „Mieterstrom“ zu schaffen, um die verfassungsmäßig fragwürdige Belastung von eigen- bzw. direktverbrauchtem Solarstrom mit der EEG-Umlage („Sonnensteuer“) zu kompensieren. Statt einer neuen „Subvention“ zur Kompensation einer ungerechten „Steuer“ sollte doch lieber die „Steuer“ reduziert werden, wie dies die bereits vom Bundestag beschlossene und im EEG bestehende Verordnungsermächtigung vorsieht.

Man kann Forderungen an den Gesetzgeber stellen, um die o. g. Punkte des jetzigen Mieterstromgesetzes zu entschärfen.

Meine persönliche (nicht abgestimmte) Meinung ist derzeit jedoch:

Lieber kein MieterstromGesetz, als dieses Mieterstrom-Verhinderungs-Gesetz!

Derzeit wird versucht, mit einer Anzahl von Verbänden ein gemeinsames Vorgehen in dieser Sache zu vereinbaren. Wir bitten um Unterstützung!

Mit sonnigen Grüßen

Andreas Horn

(Vorsitzender)

 

PS.: Sobald in Mieterstromprojekten Stromspeicher eingesetzt werden sollen, führen die neuen Regelungen zu noch schwerwiegenderen Konsequenzen: die Speichersteuerung kann dann nicht mehr den Stromdurchfluss am Hausanschluss als Regelgröße verwenden (Regelung auf Nulleinspeisung am Hausanschlusspunkt), da der Speicher sonst virtuellen Netzstrom bezieht und gleichzeitig virtueller PV-Überschussstrom ins Netz geliefert wird… (ich weiß, das ist kompliziert zu verstehen).

Jedenfalls ist zu konstatieren: für Speicher in Mieterstromprojekten dürfte der jetzige Referentenentwurf zum Mieterstromgesetz ein weiterer schwerer Schlag sein.

1 Comment on “MieterstromGesetz verhindert Mieterstromprojekte

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .